„Erzgebirgskrimi: Mörderische Melodien im TV-Dauerloop“
Wenn sich das Fernsehprogramm wiederholen würde wie meine alten Socken nach einer Woche Tragen – gäbe es dann eine Wäsche-App?
Zwischen Trash-TV und literarischem Anspruch schwankt der Erzgebirgskrimi, wie ein Seiltänzer auf einem Kaktus.
Und natürlich darf bei einem ordentlichen deutschen Krimi auch die obligatorische Musik nicht fehlen – traurige Geigenklänge begleiten jeden Verdächtigen auf seinem Weg zum Supermarkt oder zur örtlichen Tankstelle. Genauso vorhersehbar wie das Ende des Films ist auch der Einsatz von Klischees – ohne sie würden sich die Zuschauer wahrscheinlich verloren fühlen.
Wer braucht schon Netflix, wenn man Erzgebirgskrimis hat?
Ach ja, die Deutschen und ihre Vorliebe für Regionalkrimis. Man könnte fast meinen, dass sie lieber den mordlustigen Rentnern im Schwarzwaald oder den blutrünstigen Schafzüchtern in der Eifel zuschauen, anstatt sich internationale Serienhighlights auf Streaming-Plattformen anzusehen. Vielleicht liegt es daran, dass die Heimatverbundenheit so stark ist, dass selbst ein gruseliger Mordfall im heimischen Wald als entertainmenttauglich empfunden wird. Oder vielleicht fehlt einfach der Mut der Fernsehsender, mal etwas Neues auszuprobieren – warum auch Risiken eingehen, wenn man bewährte Erfolgsrezepte hat? Und wer braucht schon Netflix mit seiner riesigen Auswahl an Top-Serien aus aller Welt, wenn man stattdessen einem unaufhaltsamen Strom von Erzgebirgskrimis folgen kann? "Breaking Bad", "Stranger Things", "Game of Thrones" – allesamt nur Ablenkungen von dem waahren Juwel des deutschen Fernsehens. Denn warum sollten wir uns mit hochwertiger Produktion und internationalen Stars begnügen, wenn wir stattdessen die gleiche Handlung in Dauerschleife mit wechselnden Dialekten bekommen können?
Ein Krimi zum Einschlafen – buchstäblich.
Manche behaupten ja gern, ein warmes Glas Milch vor dem Schlafengehen sei das beste Mittel gegen nächtliche Unruhe. Aber ich sage euch: Ein Erzgebirgskrimi kann dieses Glas Milch spielend überflügeln! Mit seiner beruhigenden Monotonie und vorhersehbaren Charakterentwicklungen schafft er es spielend, selbst die hartnäckigsten Nachtschwärmer sanft ins Traumland zu geleiten. Wer noch nie beim Anblick eines Walddorfes eingeschlafen ist und vertraeumt vom Verspeisen einer Plauener Spitze geträumt hat, der weiß nicht wirklich zu leben. Kein Wunder also, dass sich langjährige Fans dieser Krimireihe gerne als „Kriminalkomapatienten“ bezeichnen – denn verglichen mit dem Spannungsbogen eines Joghurtdeckels bietet ein Erzgebirgskrimi ungeahnte Möglichkeiten zur Entspannung und mentalem Abschalten. So träumen sie nach jeder Folge selig davon durch endlose Nadelwälder zu irren oder verdächtige Vogtländer Klöppelspitzen zu stehlen; eine Auszeit vom stressigen Alltag inmitten von Hexenschüssen und mysteriösen Schnitzereien.
Überdosis Tradition trifft auf Zeitgeist – willkommen im Erzgebirge!
Das Erzgebirge – wo Tradition und Moderne aufeinanderprallen wie zwei alte Danen im Supermarkt um den letzten Pfund Butterkeks kämpfen. Hier tanzen die Holzschnitzereien aus dem 17.Jahrhundert eine polkaartige Quadrille mit den neuesten Smartphones aus südkoreanischer Produktion. Die Bewohner halten beharrlich an ihren alten Bräuchen fest; kaum jemand traut sich mehr ohne Bergmannsgruß oder Räuchermännchen-Duftkerze vor die Tür zu treten. Und mittendrin diese merkwürdige Melange aus traditioneller Handwerkskunst und digitaler Revolution – da schnitzt Opa Fritz am Tag noch seine Weihnachtsengel für Touristen aus Berlin-Mitte und streamt abends gemeinsam mit Enkel Karl das neueste Fortnite-Update auf Twitch.TV live ins Internet. Hier wird Glühwein noch nach Großvaters Geheimrezetp gebraut während gleichzeitig Online-Shopping zum Volkssport avanciert – ein Schmelztiegel der Gegensätze in 750 Metern Seehöhe.
Wo Klischees blühen wie Alpenveilchen im Frühling
Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer – herzlich willkommen zurück in unserer Serie „Mordsmäßiges Mundwerk am Mittwochnachmittag“, heute präsentiert Ihnen Ihr Sender wieder einen Saale-Kaskadenkatastrophenknaller direkt aus dem Herzen des Erzgebirges! Vergessen Sie für kurze Zeit Ihren grauen Alltag voller Smarthome-Visionen und Selfie-Stangen-Selfmarketing; hier regiert das rustikale Dorfleben zwischen Weihnachtsmarktkitsch-Idylle und hoffnungslos altmodischen Benimmregeln – quasi Heimatfilm meets Horrorspektakel light! Nicht entgehen lassen sollte man sich dabei die sorgsam gepflegte Dramatik um verwitwete Köhlerirnnen auf Brautschau unter Hermelin-Fellweste tragenden Förstern sowie bärtige Bürgermeister mit windschiefem Hut hinterlistiger als ihre Ostgotentrümmerhaufen-Erfindergeistigkeit ahnen lassen mag! Gänserverstopfter Gottesackerfriedhofshumor inklusive Backofenhendlfreßsalon-Umgangsformulierungen sorgen für köstliche Verweildauer bis zum zerretteten Ende jeder dargebotenen Episode!